Tag 76 – Anwälte

Dienstag, 12. April

Ich erhielt von Frau Klein folgende Nachricht:

Vielen herzlichen Dank für Ihre Nachricht. 

Normalerweise sollte das nicht so einfach gehen wie Sie es schildern außer es wurden falsche Angaben gemacht. Ihrer Schilderung nach klingt das eher so, als wurde Ihre Zustimmung gefälscht, ich möchte aber niemanden etwas unterstellen, daher müsste ich den Fall prüfen um diese Vermutung zu bestätigen. Sollte Ihre Zustimmung gefälscht worden sein, würde ich persönlich die gesamte Geschäftspartnerschaft in Frage stellen, erfahrungsgemäß kommt es zu Problemen zwischen Gesellschaftern wenn einer den anderen nicht ausreichend fragt. Man kann im Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass Sie Ihre Zustimmung telefonisch oder per E-Mail erteilen, es ist rechtlich daher nicht richtig, dass man ohne Ihr Wissen und Zutun handeln musste weil man in Eile war, das weiß auch jeder kolumbianische Buchhalter.  Man hätte Sie fragen können (und im Normalfall auch müssen) und dennoch handeln. 

Was schon sein kann ist, dass Sie im Geselleschaftervertrag vorgsehen haben, dass ihre Partnerin in Ihrer Vertretung handeln darf oder, dass Sie ihr Generalvollmacht erteilt haben oder dergleichen, dann kann sie schon für Sie unterschreiben, vorausgesetzt Sie waren einverstanden. Gefragt werden müssen Sie aber auch in diesen Fällen. 

Um Ihnen rechtssicher Auskunft erteilen zu können, können wir die Sache gerne genauer prüfen. Wir würden dazu den Gesellschaftervertrag benötigen sowie den Gesellschafterbeschluss, mit dem die Entscheidung ergangen ist. Haben Sie alle Unterlagen zur Geschäftsgründung und Geschäftsführung oder hat diese Ihre Geschäftspartnerin? Falls Sie die Unterlagen nicht haben und Sie nicht danach fragen möchten, können wir die Unterlagen auch beschaffen, das ist aber aufwendiger und wir benötigen eine Vollmacht von Ihnen. Möglich ist es aber schon, alle Unterlagen zu beschaffen, ohne dass Ihre Geschäftspartnerin davon erfährt. 

Ein persönlicher Tipp: schicken Sie kein Geld mehr und schützen Sie das Geld, das bereits überwiesen wurde, sollten Sie nicht eine Kopie aller Geschäftsunterlagen haben und sollten Sie nicht sicher sein können, dass in Kolumbien alles so gehandhabt wird, wie Sie das vereinbart haben. 

Sollten Sie eine Prüfung durch unsere Kanzlei in Auftrag geben wollen, beträgt unser Honprar EUR 150 + 19% Steuer IVA pro Stunde, wieviele Stunden wir aufwenden müssen kann ich Ihnen mitteilen, sobald der genaue Umfang des Auftrages feststeht, insbesondere sobald wir wissen, ob Sie die Geschäftsunterlagen haben oder wir diese selbst beschaffen müssten. 

Auch Herr Schmitt antwortete mir:

ja, Immobilieninvestments in Kolumbien finde ich auch interessant. Ich persönlich habe selbst in verschiedenen Städten in Kolumbien in kleinere Apartments investiert.

Die Firmengründung (S.A.S.) ist tatsächlich relativ einfach. Darin liegt aber zugleich auch die Problematik. Denn die Einfachheit geht mit einem gewissen Mangel an Transparenz aufgrund der flexiblen gesetzlichen Regelungen einher.

Meinem Artikel lag die Idee einer Ein-Mann-S.A.S. zugrunde. Wenn mehrere Personen an einer S.A.S. beteiligt sind, sieht es anders aus.

Für die Kapitalerhöhung braucht es einen Gesellschafterbeschluss, d.h. die Gesellschafterversammlung (bestehend aus Maria und Ihnen) müsste sich treffen, zumindest virtuell, und die Kapitalerhöhung beschließen.

Anschließend wird ein Protokoll über den Gesellschafterbeschluss erstellt (acta de asamblea), unterschrieben vom Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung (presidente) und vom Schriftführer (secretario). Presidente und secretario werden zu Beginn jeder Gesellschafterversammlung immer ad hoc von den anwesenden Gesellschaftern gewählt.

Transparenterweise sollten immer beide (Maria und Sie) solche Beschlüsse unterschreiben, wobei einer als presidente und der / die andere als secretario agieren kann.

Ob die Handelskammer den doppelt von Maria unterschriebenen Beschluss registrieren wird, werden wird sehen. Streng genommen fehlt es ja einer (schriftlichen) Vollmacht von Ihnen. Allerdings geht nach meiner Erfahrung die Handelskammer sehr großzügig mit derartigen Beschlüssen um bzw. es fehlt bei den Handelskammern an einem Mechanismus, welcher sicherstellt, dass die Aktionäre der S.A.S. tatsächlich an dem Beschluss mitgewirkt haben. Es reicht wenn 2 Leute als „presidente“ und „secretario“ auftreten und den Beschluss einreichen. Das ist einer meiner Hauptkritikpunkte an dem System.

Es gibt nach Einreichung des Beschlusses zwar eine „Warn-E-Mail“ der Handelskammer an die S.A.S. Diese geht aber an die offiziell bei der Handelskammer gemeldete E-Mail-Adresse der S.A.S., sprich in diesem Falle auf Marias E-Mail-Adresse. D.h. Sie würden als nicht geschäftsführender Gesellschafter von der Einreichung solcher Beschlüsse erstmal nichts mitbekommen.

Ich schrieb dann eine lange E-Mail an Frau Klein:

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Mein Geschäftspartner ist Geschäftsführer. Eine Generalvollmacht hat er nicht. Inzwischen hat auch die Handelskammer sich gemeldet und gefordert, dass ich unterschreibe.

Die Grundkapitalerhöhung hatten wir genauso abgesprochen und meine Partnerin hat mir auch das Dokument auf dem sie zweimal unterschrieben hat zukommen lassen. 

Wenn die Kapitalerhöhung durch ist, werde ich meine Partnerin bitten mir die aktualisierten Unterlagen zuzusenden. Dann würde ich mich wieder melden. Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass ich meiner Geschäftspartnerin traue, aber da wir beide neu in der Firmengründung sind, hat sie öfter schon Fehler gemacht.

Das etwas verzwickte an dem Modell und das war mir am Anfang in der Art nicht bewusst ist, dass wir eine 50/50 Partnerschaft haben, ich aber 100% des Kapitals einsetze. Ihr sozusagen automatisch und direkt 50% des Geldes schenke. Die nächste Problematik war, dass wir zwar ein Geschäftskonto haben, dieses aber für 6 Monate von Auslandsüberweisungen gesperrt ist. Somit verwenden wir das Konto meiner Geschäftspartnerin für die Überweisung. Von dort wird es dann auf unser Geschäftskonto weiter überwiesen. Hierfür habe ich auch einen Vertrag, der sagt, dass das Geld was ich überweise nur für Einzahlung des Grundkapitals unserer Firma ist. 

Ich möchte noch erwähnen, dass unsere Firma ein Modelstudio ist. Das erwähne ich deshalb, weil mein vorheriger Anwalt aus Kolumbien mich in rechtlichen Dingen beraten und teilweise auch Verträge für mich gemacht hat, aber ab einem bestimmten Punkt dann nicht mehr weiter machen wollte, da sein Name nicht in Verbindung mit einer solchen Firma gebracht werden soll. Natürlich verstehe ich, dass dies vielleicht ein etwas heikles Thema ist, aber wir sind ja keine Verbrecher.

Geld werde ich nicht mehr schicken, denn dies ist bereits die komplette Investition. Was meinen Sie und schützen Sie das Geld, das bereits überwiesen wurde. Wie soll ich dieses schützen?

Ich denke ich warte jetzt die Kapitalerhöhung und Zustimmung der Handelskammer ab und dann werde ich mich nochmals an Sie wenden. Ich werde Ihnen die Unterlagen dann auch nochmal zur Überprüfung zusenden und vielleicht können Sie das ganze etwas „sicherer“ machen. 

Was schon schief gelaufen ist, werde ich Ihnen kurz schildern.

Ich hatte ihr eine Vollmacht für die Gründung der Firma zukommen lassen. Diese habe ich in der kolumbianischen Botschaft in Deutschland beglaubigen lassen.

Laut unserem Vereinbarung und wie ich oben bereits geschrieben haben sind die Anteile 50/50

Sie hat aber, damit sie die Jungunternehmervorteile erhalten kann dann die Firma mit 51/49 für sich gegründet. Sie hat es mir aber auch direkt gesagt, also nichts verheimlicht. Ich war damit nicht einverstanden und sie meinte, es wäre kein Problem, dies wieder zu ändern. Das hörte sich für mich schon sehr gruselig an, denn wenn das kein Problem ist das zu ändern, dann könnte sie dies ja jederzeit ändern.

Es war nicht so einfach. Aber die Handelskammer hat auch abgelehnt dies nochmal zu ändern, da die Gründung bereits abgeschlossen ist, und dies über die Bücher der Firma einzusehen ist welche Anteile jeder Aktionär hat.

Meine Partnerin hat dann die Bücher mit 50/50 erstellt und die Buchhalterin hat dies mit ihrem Zertifikat und Unterschrift bestätigt, dass die Anteile 50/50 sind. Allerdings wurde in die Bücher direkt der Anfangsbestand 50/50 eingetragen. Mein damaliger Anwalt meinte, das sei in dieser weiße nicht Korrekt. Es müsste in die Bücher 51/49 eingetragen werden, dann eine Aktienübertragung statt finden und dann kann in den Büchern 50/50 stehen. Wir haben die Bücher zwar unverändert gelassen, aber ich habe diese Unterschrift die diese Aktienübertragung von 1% macht. Diesen Vertrag hatte mir der damalige Anwalt erstellt und meine Partnerin hat ihn auch unterschrieben.

Da aber in Kolumbien, anscheinend nicht alles so genau genommen wird habe ich jetzt folgende Situation

Gründung der Firma und Eintragung ins Handelsregister mti 51/49 am 5. März.

Gesellschaftsbücher und Beglaubigung durch die Buchhalterin dass die Anteile 50/50 sind, ebenfalls am 5. März. Allerdings mit einem Beschluss der von meiner Partnerin und mir 4 Tage später unterzeichnet wurde.

Der Aktienübertragungsvertrag ist weitere 6 Tage später. Wenn man es jetzt genau nimmt, habe ich sozusagen 51%. Deshalb meine ich, mein Partner handelt nicht bösartig, davon gehe ich aus, aber sie ist unerfahren, wie ich übrigens auch und es passieren Fehler.

Aber was ich nicht weiß ist ob ihre Buchhalterin gesagt hat, dass sie das beide male unterschreiben soll oder ob sie das für sich selbst entschieden hat. Aber sie hat das nicht heimlich gemacht, sondern mich auch wieder danach direkt informiert. Für mich ist es wichtig, dass sie keine Vertragsänderungen machen darf ohne meine Zustimmung, das wäre mir wichtig.

Wie gesagt, ich warte jetzt die Kapitalerhöhung in der Handelskammer ab, dann soll sie sie mir die Unterlagen zusenden und ich werde sie dann Ihnen zur Überprüfung weiter geben.

Auch Herrn Schmitt antwortete ich noch kurz:

nur kurz zur Info. Die Handelskammer hat den Beschluss ohne meine Unterschrift nicht akzeptiert. Im Schreiben heißt es, dass sie mit den beiden Unterschriften sicher gehen wollen, dass alle Aktionäre über diesen Vorgang informiert sind. 

Es war bereits nach Mitternacht. Ich hatte keine Antwort von Maria.

Ich schrieb nochmal Herr Schmitt an

ich weiß, dass Sie in dieser Angelegenheit nichts mehr machen wollen.

Wäre es Ihnen trotzdem möglich, mir einen aktuellen Handelsregisterauszug und am besten alle Dokumente die es in der Handelskammer zu meiner Firma gibt zu besorgen?

Und Herr Schmitt antwortete mir:

ich habe eben mit der Cámara de Comercio Rücksprache gehalten.

Der einzige eingereichte Gesellschafterbeschluss ist der Gründungsakt, den ich Ihnen schon als Kopie vor wenigen Wochen geschickt hatte

Was sollte ich jetzt von dem Ganzen halten?

Ich schrieb Herrn Schmitt nochmal an. Ich schickte ihm das Aktionärsprotokoll im Anhang:
können Sie mir sagen ob das Dokument im Anhang ein Gesellschafterbeschluss ist?

Er antwortete:
Ja, das ist ein Entwurf eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung (acta de asamblea).

Dann kam folgende Nachricht von Maria:

Ich hoffe du hattest einen ausgezeichneten Tag. Ich habe gerade mit Alejandra gesprochen, weil die Handelskammer das Dokument zurück geschickt hat und wir nicht wussten, was der Grund für die Ablehnung war. Also hat Alejandra um einen virtuellen Termin bei der Handelskammer gebeten und sie erklärte mir was der Fehler war. Wir mussten das Wort „suscrito“ in das Protokoll aufnehmen und auch eine Berufsbescheinigung von Alejandra beifügen.
Im Anhang befindet sich das neue Protokoll mit den Korrekturen. Bitte unterschreibe es, ich werde es einreichen und hoffe, dass wir morgen eine Antwort bekommen.

Was deine Fragen betrifft, ich werde versuchen, es dir zu erklären. In der Handelskammer gibt es Verfahren, die auf verschiedene Arten gemacht werden können. Beispielsweise erfolgt die Änderung oder Aktualisierung des Protokolls über einen Link und die entsprechende Zahlung erfolgt direkt vor Ort. Es gibt jedoch andere Verfahren, die per E-Mail oder persönlich vor Ort durchgeführt werden müssen. Und von den Dokumenten kann ich dir alle Originaldateien schicken, aber sobald sie an die Handelskammer gesendet werden, archivieren sie diese Informationen. Ich weiß nicht ob du dich erinnerst, du hast am Anfang nach vielen Dokumenten gefragt, wie der Satzung, der Aktionärsbeteiligung usw. Ich denke wir können diese Dokumente durch einen Prozess auf individueller Basis anfordern. Ich kenne diese Verfahren nicht, aber Alejandra kann uns bei Bedarf helfen.

Wenn du etwas nicht verstehst, sag es mir bitte und ich werde versuchen, es besser zu erklären.

Und vergiss bitte nicht das Protokoll zu unterschreiben. Die Kapitalerhöhungsurkunde ist im Anhang.

Es war bereits 1:32 hier in Deutschland als mir Herr Schmitt folgende E-Mail schickte:
Anbei finden Sie 3 von der Cámara de Comercio heute generierte Zertifikate zur Gesellschaft.

Alle Zertifikate zeigten, dass rein gar nichts geändert war. Selbst die Deklaration als Jungunternehmen war noch da, was nach Außen hin den Anschein macht, dass Maria immer noch 51% der Aktien hält.

Ich antwortete Maria ohne das unterschriebene Dokument mit zu schicken und ich antwortete auf deutsch. das mache ich immer wenn ich keine Übersetzungsfehler machen möchte oder wenn mir der Kragen platzt:
Ja Maria, ich habe Fragen. Warum sind wir nach wie vor ein Jungunternehmen und was habt ihr gestern alles eingereicht?

Maria antwortete: Jungunternehmen? Tut mir leid, ich verstehe nicht was du meinst. Das Dokument, das ich gestern gesendet habe, ist dasselbe, nur ein Wort hat sich geändert. Das war alles, was ich getan habe, das Dokument ist nur dafür da, das Kapital zu erhöhen.

Ich schickte Maria dann, das unterschriebene Dokument:
Das unterschriebene Dokument ist beigefügt. Gute Nacht.

Maria antwortete: Ich habe darauf gewartet, dass du mir schreibst, ich habe nicht verstanden, ob etwas nicht stimmt oder du verärgert bist. Ich wünsche dir eine gute Nacht. Sobald mir die Handelskammer antwortet, werde ich es dir mitteilen.

Ich antwortete Maria, dass ich nicht wütend bin, aber sie doch auch langsam durchdrehen muss wegen all der Änderungen und auch noch genau wegen eines Wortes.

Maria schrieb zurück:
Ich denke das Wort ist aus rechtlichen Gründen wichtig und deshalb haben sie es verlangt. Die andere Änderung besteht darin, einfach eine Bescheinigung von Alejandra hinzuzufügen und so sicherzustellen, dass der Vorgang legal ist. Aber ja, ich möchte, dass die ganze Bürokratie ein Ende hat (lacht).

Ich ging um 3:08 ins Bett.


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